Zum 11.01.2006 war Schulanfang in Namibia. Einige Schwierigkeiten im Kapps-Kindergarten konnten gelöst werden, die Schuluniformen für die einzuschulenden Kinder wurden gekauft und in Anwesenheit der Eltern ausgegeben. Im Morning-Sun und Ebenacer-Kindergarten in Katutura waren nicht viele Kinder anwesend – dies ist der besonderen Struktur der Kindergärten geschuldet: Im Gegensatz zum Kapps-Farm-Kindergarten, in dem die Erzieherin ein Gehalt von uns erhält, verlangen Ellie und Martha – die Kindergärtnerinnen dort – von den Eltern der Kinder Geld für diese Dienstleistung – 40 bis 60 N$ pro Monat inklusive einem oder zwei warmen Essen pro Arbeitstag. Die Eltern melden deshalb oft die Kinder, die eingeschult werden, schon im Oktober vom Kindergarten ab, im Dezember ist der Kindergarten aufgrund der großen „Sommerferien“ sowieso geschlossen. Im Januar ist bis zur Wiedereröffnung der halbe Monat vorbei und die Eltern haben oft nach den Ferien kein Geld, die Kinder in den Kindergarten zu schicken. Sie verbringen die Ferien im Norden Namibias, woher der Großteil der Einwohner Windhoeks stammt, bei Verwandten. Diese zwei bis drei Monate sind für die Erzieherinnen eine einkommenslose Zeit, weshalb der Baobab-Verein ihnen dann ein Überbrückungsgeld zahlt. Das ganze Jahr möchten wir Ihnen kein Gehalt zahlen, da die Eltern der Kinder in diesen Kindergärten Bildung einen Wert zubilligen und Verantwortung für die Ausbildung übernehmen. Wir konzentrieren uns in diesen Kindergärten darauf, die Lernmöglichkeiten der Kinder zu optimieren , Arbeitsmaterial bereitzustellen, Notfälle zu erkennen und dann auszuhelfen, Baumaßnahmen zu finanzieren und für ausreichend Essen zu sorgen.
Wir bringen auch gerne Tipps aus den deutschen Kindergärten mit, kämpfen aber manchmal auch mit Problemen: Knetmasse ist in Namibia nicht zu kaufen, selber mischen aus Mehl, Öl und Alaun bereitete uns aufgrund der Nahrungsmittelknappheit ein schlechtes Gewissen. Wir färben nun Fensterkitt mit aus Deutschland mitgebrachten Lebensmittelfarben ein, was gut funktioniert und den Kindern viel Freude bereitet.
Martha wird ab Februar wieder etwa 30 Kinder im Kindergarten haben, davon 10-12 Babys, für die sie eine extra Betreuerin hat. Der Antrag für die Toilette in Marthas Kindergarten ist nun genehmigt, aufgrund der Ferien können wir den Auftrag nicht vergeben, möchten dies aber gleich im März tun.
Um den Ebenacer-Kindergarten tut sich auch etwas: Die Gegend wurde erschlossen, Wasser und Strom sind gelegt, nur der Anschluss an die Hütten fehlt noch. Das komplette Umfeld des Kindergartens ist mit Wellblechhütten bebaut, Steingebäude existieren nicht. Gerüchteweise heisst es, offizielle Gebäude wie Kindergärten müssten das Wellblech abreissen und in Stein gebaut werden – Ellie wurde schon initiativ und hat bei einem großen Bauunternehmen einen Antrag auf Spendenhilfe gestellt, welcher positiv beantwortet wurde. Unsere Behördengänge bezüglich dieses Gerüchtes waren allerdings bis jetzt erfolglos, wir wissen noch nichts Genaueres.
In Ellies Kindergarten gehen etwa 70 Kinder, deren Eltern etwa zur Hälfte die Monatsbeiträge bezahlen – mal zahlt der Eine, dann wieder nicht, dafür ein Anderer. Ellie kann mit dieser Situation leben, Sorgen bereiten ihr aber die vermehrt auftretenden Straßenkinder. Diese sind meist Waisen, männlich und zwischen zehn und fünfzehn Jahren alt. Sie versuchen zu überleben, meistens auf nicht ganz legale Weise. Für diese Kinder kocht Ellie einmal am Tag. Während diese Kinder essen, versucht Ellie, positiv auf sie einzuwirken und ihnen Moralvorstellungen zu vermitteln. Auch lässt sie einige in ihrer Privatwohnung schlafen – im Kindergarten würden sie zuviel stehlen, meint sie. Sie hat auch eine Schule in Windhoek ausfindig gemacht, die ältere Analphabeten annimmt. Drei dieser Kinder hat sie dorthin schon vermittelt. Wir möchten im März Kontakt mit dieser Schule aufnehmen, um mehr Plätze für die Straßenkinder zu bekommen – es scheint sich um eine Privatschule mit geringen Mitteln zu handeln.
Im Nachhinein war es positiv, zur Einschulung in Namibia gewesen zu sein: Manchmal waren die Zustände leicht chaotisch, Kinder, deren Schulgeld bezahlt war, wurden aufgrund von Kleinigkeiten (fehlendes Mäppchen, fehlende Stifte) abgewiesen und der Platz anderweitig vergeben. Die Eltern wandten sich an uns, selbst kleinste Geldbeträge konnten nicht selbst aufgebracht werden. Durch unsere Hilfe konnten alle Kinder eingeschult werden.
Rodney und Jakob, die zwei Waisenjungen aus Kapps, mußten auch wieder in die Schule nach Blouwkrans, 80 Kilometer südlich von Windhoek, gebracht werden. Wir fragten die Jungen, ob sie noch Decken und Matratzen hätten, letztes Jahr herrschten fürchterliche Zustände in diesem Internat. Beide bejahten die Frage. Bei der Ankunft in Blouwkrans staunten wir nicht schlecht: Schulgebäude und Internatsgebäude sind restauriert, alle Fensterscheiben sind ganz, bis auf ein paar wenige, die während der Ferien aufgrund eines Einbruchsversuchs kaputtgingen. Die Wände sind frisch gestrichen, die Fußböden neu gefliest. Der Schulleiter zeigte uns alles voller Stolz, letztes Jahr hatten wir ihm mit Zeitung und Fernsehen gedroht.
Die Kinder allerdings schliefen immer noch auf Matratzenfetzen – in den schönen Räumen standen keine Betten! Auf unsere Nachfrage hin teilte der Schulleiter mit, dass er Doppelstockbetten aus Metall eingelagert hätte, diese aber nicht herausgeben dürfe, da der Staat verlange, das die Eltern für jedes Kind eine eigene Matratze liefern müssten. Dies könnten sich die Eltern nicht leisten, da sie teilweise auch mehrere Kinder im Internat hätten. Etwa 100 Kinder hatten Matratzen,wie auch Rodney und Jakob. Etwa 150 Matratzen fehlten. Wir versprachen der Schule Hilfe. Eine Matratze kostet umgerechnet 15 Euro. Die Matratzenfabrik in Windhoek hatte bei unserer Abreise leider noch geschlossen, aber wir hoffen, diesen Mißstand bald beheben zu können.
Im Aris Kindergarten, etwa 60 Kilometer südwestlich von Windhoek, werden fünfzehn Kinder auf die Schule vorbereitet. Er trägt sich ausschließlich aus Privatspenden, wir unterstützen ihn mit Arbeitsmaterial und monatlichen Maismehl- und Brotmehllieferungen. Als Gegenleistung nimmt die Aris-Schule dann trotz knapper Plätze unsere Kinder aus dem Kapps-Kindergarten auf. Für die Kapps-Kinder ist es unmöglich, eine normale staatliche Schule in Windhoek zu besuchen, es besteht weder eine Bus- noch eine Bahnverbindung nach Windhoek. Für Kinder, die Verwandte in Windhoek haben, ist es möglich, unter der Woche dort zu wohnen und die Schule zu besuchen. Diese Kinder sortieren wir bei der Wahl für die Aris-Schule aus, damit wirklich bedürftige Kinder in der Schule angemeldet werden können.